Arte et Marte!
Brusttücher, Panzertücher und die Fechtkunst.
WM II 17 (gelb), WM iI 18 (schwarz)
von Jannik Prüser @cartagiacos
Die Brusttücher im Nachlass von Moritz von Sachsen-Lauenburg gehören zu den Kleidungsstücken, die am meisten Rätsel aufgeben. Zwar gibt es eine große Anzahl von Abbildungen, die Männer beim Tragen eines Brusttuchs zeigen; die genaue Funktion dieser Tücher lässt sich allerdings nur erahnen. Einen ersten Hinweis geben die Bildquellen. Besonders oft finden sich Darstellungen von Brusttüchern in den Fechtbüchern des 16. Jahrhunderts. In Büchern der Fechtmeister Paulus H. Mair (1540er) und Joachim Meyer (1561) werden Männer beim Fechten gezeigt, die unter dem geöffneten Wams ein Brusttuch tragen - ähnlich den Brusttüchern von Moritz.
Diente das Brusttuch also als Schutzkleidung beim Schwertkampf? Vermutlich nicht, denn Moritz Brusttücher bieten kaum Schutzwirkung. Die dünnen Stoffschichten (Seide, Leinen) hätten den Hieben und Stichen eines Schwertes kaum etwas entgegensetzen können. Auch hätten die schartigen Klingen der Übungswaffen den kostbaren Stoff schnell zerschlissen. Wahrscheinlicher ist, dass das Fechten mit geöffnetem Wams schlichtweg bequemer war und mehr Bewegungsfreiheit bot. Da jedoch nicht jeder mit entblößtem Hemd fechten wollte, trug wohl so mancher Fechter ein Brusttuch. Der Schmutz auf Moritz Brusttüchern könnte ein Hinweis darauf sein, dass auch sie bei schweißtreibenden Fechtstunden getragen wurden.
Ein inzwischen angefertigtes Brusttuch, das auf den Originalmaßen und -nähtechniken von Moritz gelbem Seidentuch basiert, festigt diese Theorie weiterhin: Das Brusttuch bietet große Bewegungsfreiheit, die Länge des Tuchs verhindert zudem, dass es bei Bewegung aus dem Hosenbund rutscht.
Um den Körper vor Hieben und Stichen zu Schützen (bei Übung oder im Kampf) gab es eine besondere Variante des Brusttuchs: Das Panzertuch. Diese Kleidungsstücke wurden ähnlich getragen wie ein gewöhnliches Brusttuch, waren jedoch aus mehreren Lagen Stoff gefertigt und zudem mit unzähligen Nestellöchern verstärkt. Teilweise wurden solche Kleidungsstücke auch mit Metallringen benäht. Panzertücher konnten unter Brustpanzern getragen werden, jedoch auch als eigenständige Rüstung. Zwei Exemplare haben sich im Metropolitan Museum of Art in New York und im Musée de l´Armée Invalides in Paris erhalten.
Für Moritz waren seine Tücher hingegen wohl nur ein bequemes Modeaccessoire.
Fechter mit Brusttuch
Paulus Hector Mairs Fechtbuch, nach 1542, De arte athletica, BSB Cod.icon. 393(1; De arte athletica II - BSB Cod.icon. 393(2
Fechter mit Brusttuch
Paulus Hector Mairs Fechtbuch, nach 1542, De arte athletica, BSB Cod.icon. 393(1; De arte athletica II - BSB Cod.icon. 393(2
Rekonstruktion im Prozess eines der Brusstücher des Moritz von Sachsen-Lauenburg, nach Originalmaßen und -nähtechniken von Jannik Prüser
Foto: Jannik Prüser
Ein französisches(?) Panzertuch, vermutlich nicht, wie in der Quelle angegeben, für einen Hund
Tablier pour chien - Base de données des collections du musée de l'Armée (musee-armee.fr)